Gelbe Karte für Israel

  
 

Die von Israel 1967 besetzten palästinensischen Gebiete sind kein Bestandteil des Staates Israel. Die Zollfreiheit für in Israel hergestellte Waren gilt daher nicht für Produkte aus jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland. So lautet die am Donnerstag getroffene Feststellung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg. Damit wurde den deutschen Zollbehörden Recht gegeben, die auf die Lieferung von im Westjordanland produzierten Sprudelzubereitern Zölle erhoben hatten.

 

Die Firma Brita importiert Sprudelwasserbereiter sowie Getränkesirup von »Soda-Club«, einem im Industriegebiet Mischor Adumim im Westjordanland ansässigen Unternehmen. Die deutschen Zollbeamten hatten bei der Einfuhr Zweifel angemeldet, ob diese tatsächlich in Israel hergestellt worden seien. Auf die konkrete Frage antworteten die israelischen Behörden, die Waren stammten aus einer Zone, die unter israelischer Zollhoheit stehe. Daß damit das besetzte Westjordanland gemeint war, wollten die Israelis nicht bestätigen. Die Deutschen wiederum wollten sich nicht an der Nase herumführen lassen und erhoben Zölle in der Höhe von mehr auf 19000 Euro.

 

Dagegen klagte Brita vor dem Finanzgericht Hamburg, das sich an den Europäischen Gerichtshof wandte. Die Firma argumentierte, daß die Sprudelgeräte in jedem Fall zollbefreit seien, da es nicht nur zwischen der EU und Israel, sondern auch zwischen der EU und den palästinensischen Atonomiegebieten ein Zollfreiheitsabkommen gebe. Diese Ansicht wurde vom EuGH nicht geteilt. Als »Made in Israel« ausgewiesene Waren müßten auch in Israel produziert worden sein. Und dazu gehörten die besetzten palästinensischen Gebiete nicht.

 

In der Begründung des Urteils wird den Zollbehörden des Einfuhrmitgliedsstaates das Recht zugestanden, die Präferenzbehandlung zu verweigern, wenn die betreffenden Waren ihren Ursprung im Westjordanland haben. Ferner heißt es, daß die Zollbehörden »keine Wahlfeststellung treffen« könnten, »indem sie die Frage offenlassen, welches der in Betracht kommenden Abkommen, nämlich das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits und das am 24. Februar 1997 in Brüssel unterzeichnete Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gazastreifen andererseits«.

 

Das Urteil ist insofern brisant, da die EU mit knapp 30 Prozent der Exporte der zweitwichtigste Handelspartner Israels nach den USA ist und ungefähr ein Drittel der israelischen Exportware ganz oder teilweise in den besetzten Gebieten hergestellt wird. Indirekt ließe sich das EuGH-Urteil auch als eine Verurteilung der illegalen israelischen Besiedlungspolitik auslegen.

 

Auf israelischer Seite wird argumentiert, daß die EU nicht darüber zu bestimmen hat, wo die Grenzen des israelischen Territoriums verlaufen, und Israel das Recht habe, Siedlungen in den besetzten Gebieten so zu behandeln, als wären sie Teil des eigenen Territoriums. In Wahrheit aber ist nicht nur die Besetzung der palästinensischen Gebiete völkerrechtwidrig, sondern auch der Transfer der eigenen Bevölkerung auf okkupiertes Territorium. Mit dem Anspruch, seine Grenzen nach eigenem Gutdünken zu bestimmen, stellt der zionistische Staat das internationales Recht als ganzes in Frage. Das EuGH-Urteil ist zwar eine begrüßenswerte Reaktion auf Israels völkerrechtswidrige Politik. Ernsthafte Sanktionen aber wird es wohl nicht nach sich ziehen.