So wurde Mankell von den Israeli gestoppt

Nur die Wahrheit werde er berichten, sagt Henning Mankell. Er ist schwarz angezogen, sein graues Haar zerzaust. Dutzende Journalisten sind in die Berliner Volksbühne gekommen, um dem Krimi-Meister zuzuhören. Er erzählt von einer Tat, bei der er dabei war. Mankell erinnert sich: 4 Uhr nachts, sechs Schiffe pflügen sich durchs Mittelmeer in Richtung Gaza, eine Flotte mit humanitären Gütern. Der Autor schläft auf dem kleinen Frachter Sofia. «Da hat mich jemand geweckt und gesagt, das Hauptschiff werde angegriffen.»

 

Von der Sofia aus beobachten Mankell und seine Mitreisenden, darunter ein schwedischer Parlamentarier, wie Helikopter über der Mavi Marmara kreisen; sie hören Schüsse. Nach einer halben Stunde tauchen die Israeli auf der Sofia auf. «Wir leisteten keinen Widerstand.» Laut Mankell führten sich die Soldaten martialisch auf. Bewaffnet mit Maschinenpistolen, die Gesichter verdeckt. Die Passagiere wurden zusammengetrieben, einer von ihnen mit einer Elektropistole attackiert.

 

«Apartheid-System» in Israel

 

Mankell hat eine lange Geschichte als Politaktivist. Seit Jahren setzt er sich für Afrika ein, wo er zum Teil auch lebt. Seit er die besetzten palästinensischen Gebiete besucht hat, ist er zum scharfen Israel-Kritiker geworden. Der jüdische Staat habe ein «Apartheid-System» errichtet, schimpfte er jüngst. Einmal bezweifelte er gar die völkerrechtliche Legitimität Israels. Die Gaza-Hilfsflotte aber, betont er, habe eine rein humanitäre Zielsetzung gehabt. An Bord der Sofia etwa befanden sich Zement, Baumaterial und Fertighäuser. «Als Zeichen der Solidarität wollten wir die Blockade des Gazastreifens durchbrechen», sagt Mankell.

 

Doch es kam anders. Sämtliche Schiffe wurden nach Israel geschleppt, «entführt», wie es der Autor sagt. Den Passagieren werden persönliche Gegenstände weggenommen: Handys, Kreditkarten, Kameras. Mankell muss gar seine Socken abgeben. Vom Schicksal der anderen Schiffe weiss er zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Nach einer Nacht in Gewahrsam schieben die Israeli die ungebetenen Gäste ab. Mit nackten Füssen betritt der schwedische Starautor auf dem Flughafen Ben Gurion eine Lufthansa-Maschine. Zum Glück, erzählt er, habe ihm eine Stewardess ein paar Socken gebracht. Für einen Moment heitert sich die Stimmung auf in der Volksbühne.

 

Kein «nützlicher Idiot»

 

Doch im Flugzeug erfährt Mankell von der blutigen Militäraktion: Neun Aktivisten wurden getötet. Wütend sei er, traurig und auch müde, sagt der Autor. Als die Journalisten Fragen stellen, wehrt er sich gegen den Vorwurf, bei der Hilfsflotte seien antisemitische Kräfte am Werk gewesen. Er sieht sich auch nicht als «nützlichen Idioten», der der Hamas in die Hände spielt. Bei einer weiteren Aktion wäre er sofort wieder dabei, sagt Mankell.

 

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