Palästina: Lösten die USA den Bürgerkrieg in Gaza aus?

Bericht über US-Umsturzpläne gegen Hamas und neue Angriffe Israels überschatten die Nahost-Reise von US-Außenministerin Condoleezza Rice.

KAIRO. US-Außenministerin Condoleezza Rice ist in den Nahen Osten gekommen, um zu retten, was zu retten ist. Nach einer blutigen Woche im Gazastreifen versucht sie, Israelis und Palästinensern wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Doch ihr Appell an die Konfliktparteien, ihre "Verpflichtungen zu erfüllen" und sich aktiv für den Friedensprozess einzusetzen, verhallte ungehört: Am Dienstagabend wurde ein neuer Vorstoß der israelischen Streitkräfte in den Gazastreifen gemeldet.

Laut palästinensischen Sicherheitskreisen umstellten die Israelis das Haus eines mutmaßlichen Mitgliedes der radikalen Bewegung "Islamischer Jihad". Palästinensische Kämpfer leisteten offenbar erbitterte Gegenwehr.

Schon auf ihrer ersten Station in Ägypten war die US-Außenministerin wegen eines Berichts des amerikanischen Magazins "Vanity Fair" unter Druck geraten. Darin heißt es, die US-Regierung hätte mit einer verdeckten Operation im Sommer 2007 die gewählte Hamas-Regierung im Gazastreifen stürzen wollen. Das Magazin behauptet, dass die Geheimoperation dann den Bürgerkrieg ausgelöst habe, der im Juni 2007 dazu führte, dass die islamistische Hamas die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernahm.

Laut "Vanity Fair" hat US-Präsident George Bush den Plan abgesegnet hat, der dann von Rice und dem stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberater Elliott Abrams weiterverfolgt wurde. Mit Hilfe arabischer Verbündeter Washingtons, allen voran Ägypten, sollte der Fatah-Sicherheitsapparat ausgerüstet und trainiert werden - mit dem Ziel, die Hamas-Regierung zu stürzen.

"Dahlan ist unser Mann"

Die Schlüsselrolle soll der Fatah-Sicherheitschef in Gaza, Muhammad Dahlan, gespielt haben. Über ihn habe US-Präsident Bush gesagt, "Dahlan ist unser Mann", schreibt das Magazin unter Berufung auf US-Regierungsbeamte. Als Mittelsmänner werden der US-Generalkonsul in Jerusalem, Jake Walles, und der US-Sicherheitskoordinator für die Palästinenser, Keith Dayton, genannt.

Teile des Planes sollen schon zuvor durchgesickert sein, etwa als eine israelische Tageszeitung am 7. Juni vergangenen Jahres berichtete, dass Abbas und Dayton die israelische Regierung gebeten hätten, eine ägyptische Waffenlieferung für Fatah mit Dutzenden gepanzerter Fahrzeuge, hunderten panzerbrechenden Granaten, tausenden Handgranaten und mehreren Millionen Patronen zuzulassen - nur wenige Tage bevor die neuen in Ägypten trainierten Fatah-Rekruten zurückkehrten.

Kurz darauf brach der Bürgerkrieg im Gazastreifen aus, der damit endete, dass Hamas in nur einer Woche die militärische und politische Kontrolle über den gesamten Gazastreifen gewann.
"Für mich sieht das so aus, als ob das kein Staatsstreich von Hamas war, sondern ein Putsch von Fatah, der verhindert worden ist", erklärt David Wurmser, ehemaliger Mitarbeiter von Vizepräsident Dick Cheney, gegenüber der Zeitschrift und beschreibt, wie kontrovers der Plan innerhalb der US-Regierung diskutiert wurde. "Wir haben uns gegenseitig zerrissen", erinnert er sich.

Rice antworte in Kairo nur vage auf die Vorwürfe. "Wenn die Hamas vom Iran ausgerüstet wird und niemand hilft, die Fähigkeiten des Sicherheitsapparates der legitimen palästinensischen Regierung zu verbessern, dann ist das eine ungute Situation."
Im Detail wollte sie sich nicht dazu äußern, ob und wie ihre Regierung in einer Geheimoperation versucht hat, das Kräftegleichgewicht gegen Hamas zu verändern und ob sie damit einen Bürgerkrieg auslöste, der zu einem unerwünschten Ergebnis führte.