Bericht von Amnesty International zu Israels Apartheidspolitik ist ein wichtiger Meilenstein im Kampf des Palästinensischen Volkes um seine Freiheit

Die Charakterisierung der Politik Israels gegenüber den Palästinenser:innen als "Apartheid" durch AI bestätigt die älteren gleichlautenden Einschätzungen der beiden Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela und Desmond Tutu. Beide wussten, wovon sie sprachen, hatten sie doch in Südafrika unter einem ähnlichen System des weißen Rassistenregimes gelebt. Erzbischof Desmond Tutu machte seine Aussage zudem, nachdem ihm ein Besuch in Palästina einen unmittelbaren Vergleich ermöglicht hatte. Der Amnesty-Bericht folgt auch den Gutachten, die von anderen renommierten Menschenrechtsorganisationen - B´Tselem/Israel, Human Rights Watch/USA -  schon Anfang 2021 veröffentlicht wurden.

In seiner Twitter-Stellungnahme  https://twitter.com/i/status/1488183075578290182  sprach der israelische Außenminister Yair Lapid Amnesty International das Recht ab, sich weiter "Menschenrechtsorganisation" zu nennen, beschuldigte die Organisation, die Argumentation von Terrororganisationen völlig unkritisch zu übernehmen, und griff statt zur selbstkritischen Analyse zum diffamierenden Vorwurf des "Antisemitismus".  Diese hysterisch-hasserfüllte  Reaktion der offiziellen israelischen Regierung und ähnliche ihrer Lobbyisten in den USA und Europa sind aus zionistischer Sicht verständlich, sehen sie sich doch einem anschwellenden Strom von menschen- und völkerrechtlich fundierter internationaler Kritik an seiner brutalen Kolonisierungs-, Besatzungs- und Unterdrückungspolitik gegenüber: Israels propagandistisches Selbstbild "einer auf das internationale Recht verpflichteten Demokratie" hat in den Gesellschaften des globalen Südens ohnehin nie überzeugt. Zunehmend  verliert diese schöngemalte Selbstzuschreibung aber auch an Glaubwürdigkeit bei den Menschen in den USA und Europa. Angesichts dieser Entwicklung ist Lapids Attacke Ausdruck der Verunsicherung und selbstverursachten Hilflosigkeit im Meinungskampf um die globale öffentliche Meinung.

Da Israel offensichtlich aus eigenem Antrieb nicht in der Lage ist,  aus seiner ethnozentrisch-ideologischen Verblendung herauszutreten und dem Palästinensischen Volk im Interesse eines fairen Ausgleichs auf Augenhöhe zu begegnen, verschärft sich die Notwendigkeit palästinasolidarischen Handelns auch in Europa. Das gilt auch und gerade für das offizielle Österreich. Entgegen dutzenden UN-Beschlüssen betreiben die türkis-grüne Regierung ebenso wie alle im Nationalrat vertretenen politischen Parteien auf Kosten der legitimen Rechte des Palästinensischen Volkes eine einseitig proisraelische  Realpolitik. Auch gelegentliche verbale Beteuerungen, dass man für eine Zweistaatenlösung eintrete, ändern daran nichts. Als wäre unsere Republik ein Ministrant der Regierung Israels, wurde die gewaltfreie, von Palästina ausgehende internationale BDS-Bewegung durch einen Beschluss des Nationalrates als "antisemitisch" diffamiert. Und unter Missachtung unserer Neutralität hisst man im Konfliktfall auf Regierungsgebäuden dreist die Fahne des Apartheidstaates Israel.

Sehr deutlich wird die Doppelbödigkeit der Politik auch auf der Ebene der EU. Sie hat Israel im Rahmen des Assoziierungsabkommens 2000 zahlreiche Begünstigungen eingeräumt. Im Art. 2 des Vertrages hat sich Israel zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Trotz zigtausendfacher Verletzung dieser Verpflichtung macht die EU aber von der im Art. 82 festgelegten Kündigungsklausel keinerlei Gebrauch.

Schon bisher war die Außenpolitik Österreichs in der Palästinafrage von einer Missachtung international garantierter palästinensischer Rechte geprägt. Der Amnesty-Bericht nimmt dieser Politik den letzten Anschein der Unschuld. Er macht klar: Unsere Politik macht sich der Komplizenschaft mit einer Apartheidpolitik schuldig. Auch im Falle Südafrikas hat Österreich allzu lange an guten Beziehungen  zum dortigen Rassistenregime festgehalten, um dann, als die internationale Politik sich gedreht hatte, schließlich doch zu schwenken und Nelson Mandela und seiner Befreiungsbewegung zu hofieren. Die Verurteilung Israels als Apartheidstaat ist ein unübersehbarer Warnruf an die Staatskanzleien des Westens. Österreich wäre gut beraten, spätestens jetzt seine Palästina-Politik neu auszurichten. Glaubwürdige Zeichen dafür wären

  • sich im Rahmen der EU für die Kündigung des Assoziationsvertrages mit Israel einzusetzen, bzw. selbst aus diesem Vertragswerk auszutreten,
  • und im Rahmen der UNO offensiv die Untersuchung der Menschen- und Völkerrechtsverletzungen in Israel/Palästina durch den Internationalen Strafgerichtshof zu fordern.
  • Die militärische und rüstungstechnologische Kooperation mit Israel und seinen Streitkräften sofort zu beenden.

Für Palästina Solidarität Österreich,

Franz Sölkner