Spontaner Protest gegen Demoverbot

Am 12. Dezember 2023 untersagte die Wiener Landespolizeidirektion (LPD) die wöchentliche Kundgebung, die vom Arabischen Palästina-Club am Wiener Stephansplatz in Solidarität mit dem palästinensischen Volk und gegen den israelischen Krieg in Gaza veranstaltet wird. Grund der Untersagung war die Annahme der Polizei, dass auf der Kundgebung der inzwischen untersagte Slogan „Vom Jordan zum Mittelmeer, keinen Zionismus mehr“ skandiert werden würde. Dieser Slogan wird laut der Interpretation der Wiener Polizei dem ebenfalls willkürlich verbotenen Slogan „From the River to the Sea,  Palestine will be free“ gleichgesetzt. Der Anmelder der Kundgebung habe an einer Kundgebung am 30. November diesen Slogan gerufen. Der Untersagungsbescheid geht von Wiederholungsgefahr durch den Anmelder aus und sieht dies als Berechtigung, künftige Kundgebungen zu untersagen.
Gegen diesen Entzug seines Grundrechts als österreichischer Staatsbürger führte der Anmelder an Ort und Stelle einen Protest als Einzelperson gegen die polizeiliche Willkür durch, die aufgrund einer möglichen Interpretation eines Slogans einem Bürger das Recht auf Anzeigen von Versammlungen bis auf Weiteres entzogen hat. Umgeben von 20 Beamten, die eine Mauer gebildet hatten, stand der Anmelder mit einem handgeschriebenen Schild „Nein zur Polizei-Willkür – Ö-Polizei unterstützt Zionismus vom Jordan zum Mittelmeer“. Da es sich dabei um keine Versammlung handelte, gab es keinen Grund zur Auflösung. Der Protest dauerte zwei Stunden und wurde von solidarischen Zusehern vor Ort, von denen einige mit palästinischen Schals und Fahnen anwesend waren, unterstützt. Um nicht als unangemeldete bzw. untersagte Versammlung angezeigt zu werden, handelte das Publikum flexibel und zirkulierte nach den Aufforderungen der Beamten, den Ort verlassend und zurückkommend. Es kam zu keinen Anzeigen.
Um 19:30 beschloss die Polizei, das Schild auf der Basis des Verhetzung-Verdachts zu beschlagnehmen. Eine entsprechende Anzeige wurde vom Einsatzleiter angekündigt. Auf die Frage, welcher Teil des Schildes der Verhetzung bezichtigt wird, antwortete ein Beamte: „vielleicht der untere Teil“. Die Beantwortung der Frage, ob hier der Jordan oder das Meer die Verhetzung ausmacht, überließen die Beamten lieber dem Staatsanwalt.
Der Protest ging bis etwa 20:05 mit einer Palästina-Fahne weiter, bevor der Protestierende den Kreis der Polizei unter Jubel und Applaus der Umstehenden verließ.