Der „Standard“: substanzlose Hetze gegen Palästinasolidarität

Am 2.3.24 fand wieder die samstägliche große Palästina-Demonstration statt, an der regelmäßig mehrere Tausend Menschen teilnehmen. Meist wählt der „Standard“ die Variante des Verschweigens. Denn Berichterstattung, auch feindliche, würfe die Frage auf, warum sich für das zionistische Narrativ, nachdem der Völkermord Selbstverteidigung wäre, praktisch niemand mobilisieren lässt.

Doch dass diesmal auch Ernst Wolrab zur Demonstration sprach, schien dem zionistischen Parteiblatt doch eine propagandistische Intervention zu erfordern. Der Qualitätsjournalismus hat nicht dazu ausgereicht, ihn als Bundessekretär des KZ-Verbands zu identifizieren. Landessekretär ist zumindest nicht falsch, obwohl er als solcher nicht auftrat. Jedenfalls muss es für das Milieu bedrohlich erscheinen, wenn die jahrzehntelang mit so viel Aufwand betriebene Umdeutung des Antifaschismus durch das Regime zum Zweck des kolonialen Völkermords so prominent in Frage gestellt wird, nämlich von einem Nachfahren eines jüdisch-kommunistischer Widerstandskämpfers, der sein Leben dafür im KZ gelassen hat. Mit Klarheit führte Wolrab in seiner Ansprache aus: „Der Schwur der KZ-Häftlinge „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ wird von der Israelischen Regierung mit Füßen getreten. Daher stehen wir hier mit zig Millionen Mitstreitern auf der ganzen Welt und kämpfen mit unseren Schwestern und Brüdern in Gaza für ein freies Palästina und gegen den Völkermord.“

In einem Artikel von Colette Schmidt vom 7.3.24 wird mit drei Manipulationen gegen die Palästinasolidarität gehetzt:

 

„Graue Wölfe“

Auf Inhalte wie Plattform, Parolen, Reden, Transparente etc. der Mobilisierung wird vom Kampagnenjournalismus praktisch nie eingegangen. Diese würden nämlich etwas über die Substanz einer Demonstration etwas aussagen. Die Methode ist eine andere. Man konzentriert sich auf Randerscheinungen und behauptet einfach: „Mit dabei sind auch – wie zuletzt am Samstag letzter Woche – Anhänger der nationalistischen und antisemitischen türkischen Grauen Wölfe.“ Das ist eine Lüge. Wahr ist im Gegenteil, dass es niemals eine organisierte Beteiligung von Grauen Wölfen oder ähnlichen Organisationen gegeben hat, bei keiner der Demonstrationen.

Bemerkenswert, dass keine Fotos oder Videos beigebracht werden, obwohl das „Presseservice Wien“, auf das sich Schmidt im Wesentlichen stützt, wie ein polizeilicher Erkennungsdienst arbeitet, der bevorzugt Gesichtsaufnahmen macht und publiziert, und die Betroffenen gerne als „rechtsextrem“, „islamistisch“, „antisemitisch“ denunziert. Bei jeder Demo werden wir von diesen zionistischen Provokateuren mit Nahaufnahmen mit Riesenteleobjektiven belästigt und dennoch können sie kein Foto vorweisen?!

Was es gab, ist eine einzige (!) Person, die mit einem selbst ausgedruckten A4-Blatt mit drei Halbmonden auf grünem Grund auftrat. Und das bei einer Demo von knapp 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Zudem handelt es sich nicht um ein explizites Parteisymbol der Grauen Wölfe wie vom „Standard“ behauptet, sondern es ist dem türkisch-islamischen Nationalismus im Allgemeinen zuzurechnen. Der betreffende junge Mann ist unserem Ordnerdienst schon bei anderer Gelegenheit als eigenartig und zwielichtig aufgefallen. Er behauptet weder deutsch, englisch, arabisch noch türkisch zu sprechen. Dass er nicht mit Gesichtsgroßaufnahme von „Presseservice“ und „Standard“ vernadert wird, könnte darauf hinweisen, dass der vom proisraelischen Milieu zum Zweck einer Propagandaattacke engagiert wurde. Er wurde von unserer Ordnerin jedenfalls dazu aufgefordert, das A4-Blatt zu entfernen.

Wie dem auch immer sei, diese zweifelhafte Episode als einzigen Beleg für die Beteiligung der Grauen Wölfe aufzublasen, zeigt die Substanzlosigkeit des Anwurfs.

 

„manche Parolen als antisemitisch einzustufen“

Die zweite Verleumdung ist der bereits klassische Antisemitismusvorwurf. Es wird gar nicht mehr versucht, das im Einzelnen mit irgendwelchen Parolen zu belegen – denn da müsste man sich sowohl mit dem Inhalt jener auseinanderzusetzen als auch mit der Tatsache, dass sie von wichtigen Teilen der Linken und des antifaschistischen Milieus, einige von ihnen auch mit jüdischem Hintergrund, aufgestellt werden.

Tatsächlich treten wir für Gleichheit und gegen Apartheid, für Demokratie und gegen Faschismus, für Selbstbestimmung und gegen Kolonialismus auf.

 

„Berichterstattung behindern“

Die dritte Propagandalüge dreht sich um die angebliche Behinderung der Medien. Wie beschrieben ist das „Presseservice Wien“ kein klassisches Medium, sondern eine Gruppe von rechtsextremen Aktivistinnen und Aktivisten, die für Rassismus, Apartheid, Ungleichheit, Kolonialismus, Imperialismus und Völkermord eintreten – also klassisch rechte Ziele. Aber nicht nur das. Sie denunzieren und verleugnen die demokratische Palästina-Bewegung systematisch und neigen zur Provokation mit der möglichen Intention einer physischen Auseinandersetzung, um unsere Aktivistinnen und Aktivisten in der Folge mit Anzeigen einzudecken – auch in dem mutmaßlichen Bewusstsein, dass sie für solche Einschüchterung mehr materielle Mittel zur Verfügung haben und auch das Regime im Rücken vermeinen, als die Aktivistinnen und Aktivisten der Palästinasolidarität, die oft aus einfachen und migrantischen Verhältnissen stammen.

In der zionistischen Verdrehung wird vermeintliches Antifa zur Legitimation von Straßengewalt gegen die demokratische Mobilisierung – denn man nimmt mit unerschütterlicher Sicherheit der moralischen Überlegenheit für sich in Anspruch gegen „Rechtsradikale“, „Islamisten“ und „Antisemiten“ vorzugehen – und da sind bekanntlich alle Mittel recht. In einigen Ländern Europas betätigen sich zionistische Gruppen tatsächlich als gefährliche Schläger gegen die Linke, weil diese sich für die Rechte des palästinensischen Volkes einsetzt. Es handelt sich dabei also nicht nur um rechtsradikale, sondern tendenziell um protofaschistische Kräfte.

Wir wollen jedoch jede Auseinandersetzung mit diesen potentiell gefährlichen Vertreterinnen und Vertretern des Völkermords vermeiden. Das tun wird nicht als „Privatpersonen“, wie der „Standard“ behauptet, sondern als Veranstalter. Wir fordern sie als solche, wenn möglich, dazu auf, die Demo zu verlassen und 50m Abstand zu halten, wie es im Versammlungsgesetz vorgesehen ist. Wenn sie dem nicht Folge leisten und aggressiv werden, was häufig der Fall ist, bitten wir die Polizei, sie wegzuweisen. So geschah es auch am 2.3.24. Schmidt kommentiert das dann so: „Doch laut Presseservice Wien waren zwei Medienkontaktbeamte der Polizei hier wenig hilfreich.“

Wirkliche Journalistinnen und Journalisten, auch konträr gesinnte, sind jedoch willkommen.

Es ist aber nicht immer leicht, diese Leute zu identifizieren. Oft erscheinen sie vermummt. Presseausweis zeigen sie grundsätzlich nicht her. Erkennungsmerkmal ist ein frenetisches Fotografieren von Gesichtern, ohne Bereitschaft sich als Journalistinnen oder Journalisten zu legitimieren.

 

Martin Weinberger (Anmelder) und Willi Langthaler

Wien 9.3.2024