Der Zionismus hat mit dem akuten Völkermord sein wahres Gesicht preisgegeben und wird die „westlichen Werte“ mit in den Abgrund reißen
Fast zwei Jahre wütet bereits die israelische Auslöschungskampagne gegen das palästinensische Volk. Weil dieses standhaft geblieben ist, im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu verlieren hat als seine Ketten, kommt nun zum Bombenterror auch die systematische Aushungerung dazu. Tagtäglich erreichen uns Bilder von bis auf die Knochen abgemagerten Kindern, die an die finstersten Zeiten in Europa erinnern.
Nach innen hin nehmen sich die Zionisten kein Blatt mehr vor den Mund. Höchste Regierungsvertreter sprechen offen von den Palästinensern als „Untermenschen“, die massenhaft vertrieben und/oder getötet werden müssten (1). Der Gazastreifen müsse gänzlich von der Erdoberfläche verschwinden. (2) In den israelischen Massenmedien darf ein bekannter Journalist sogar zu einem neuen „Holocaust in Gaza“ aufrufen. (3) Diese Aussprüche sind keine Einzelfälle oder Ausrutscher, sie sind die ungeschminkte Quintessenz des Siedlerkolonialismus. Sie könnten beliebig fortgesetzt werden. Das passt auch mit Meinungsumfragen zusammen, in denen sich eine große Mehrheit der Israelis für die Fortsetzung von Vertreibung und Völkermord ausspricht. (4)
Entsprechend hat AI festgestellt, dass Israel in Gaza einen Völkermord begeht (5). Der Internationale Gerichtshof ließ die Klage Südafrikas gegen Israel wegen Völkermords zu und ordnete an, dass Israel Maßnahmen zur Verhütung eines Völkermords setzen müsse. Selbst Josef Borrell, der ehemalige EU-Kommissar für Außenpolitik, stellte eine klare völkermörderische Intention Israels fest. (6)
Der Völkermord in Gaza steht im frontalen Gegensatz zu den vielbeschworenen „westlichen Werten“ von Demokratie, Freiheit, gleichen Rechten etc., die schon zur Rechtfertigung so manch imperialistischen Kriegs herhalten mussten. Unter den Augen der Weltöffentlichkeit unterstützt der Westen, allen voran die USA, die EU, aber auch Österreich, die Vernichtung eines ganzen Volkes. Der Widerspruch ist so schreiend, so eklatant, dass er im Westen Mehrheiten erfasst hat.
Es ist offensichtlich, dass Israel keinen einzigen Tag seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit fortsetzen könnte, wenn der Westen und vor allem die USA das nicht so wollte. Man kann einräumen, dass kleine europäische Staaten wie Österreich den Gang der Dinge nicht direkt beeinflussen können. Aber sie könnten zumindest einen politischen Beitrag dazu leisten, die zionistische Mordmaschine zu stoppen. Doch sie tun das Gegenteil, sie verfolgen die Menschen mit Zivilcourage, die urdemokratische Bewegung, die gegen den Völkermord aufsteht.
Trotz der unverbrüchlichen Treue des politisch-medialen Komplex zu den Völkermördern und der immer offeneren Unterdrückung der Kritiker ist die öffentliche Meinung am Kippen. Wenn selbst die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, England und Deutschland, das die Unterstützung Israels zur Staatsraison erhoben hat, sich von den israelischen Verbrechen glauben absetzen zu müssen, dann ist das ein Zeichen des erdrutschartigen Verlustes an Unterstützung in der Bevölkerung. Spanien und Irland sprechen von Sanktionen gegen Israel. Siebzehn EU-Mitgliedstaaten wollen das EU-Israel-Assoziationsabkommen „überprüfen“, das eine Ausstiegsklausel wegen Verletzung der Menschenrechte beinhaltet. All das ist letztlich Lug und Trug und lediglich zur Beruhigung der Öffentlichkeit bestimmt. Aber es zeigt das Krachen im Gebälk der Herrschaftsapparate.
Auch in Österreich mehren sich die diesbezüglichen Signale. Als der knapp über 20-jährige österreichische Song-Contest-Gewinner JJ sagte, er wünsche sich, dass der nächste Eurovisionswettbewerb ohne Israel stattfinden solle, richteten ihn die Regimemedien hin. Er hatte in seiner jugendlichen Naivität doch tatsächlich noch geglaubt, wir würden in einer Demokratie mit freier Meinungsäußerung leben. Bundespräsident Van der Bellen war sich nicht zu blöd, gegen den Künstler auszurücken und ihn zurechtzuweisen. Schuld sei lediglich Netanyahu und nicht Israel als Staat, nicht der Zionismus. Damit schlug er gleichzeitig gegen den Altpräsidenten Fischer, der vor Doppelstandards bei der Bewertung Israels und Russlands gewarnt hatte. Der Holocaust könne das heutige Vorgehen Israels gegen Gaza nicht rechtfertigen.
Bisher waren die Universitäten Hochburgen des Linksliberalismus und Orte der Gehirnwäsche. Gegen studentische Solidaritätsbekundungen wurde nicht nur die Polizei geschickt, sondern auch die Lehrfreiheit eingeschränkt. Nun können die Proteste nicht mehr niedergehalten werden und brachen sich in einer großen Studenten-Demo am 12.5.25 Bahn. Nicht nur, dass KSV/KJÖ mit einer Pro-Palästinahaltung einen Wahlerfolg bei den ÖH-Wahlen einfahren konnte. Sondern selbst der VSSTÖ hat sich erstmals getraut, sich nicht mehr mit der Antisemitismus-Lüge gegen die Palästina-Solidarität vor den Karren der Völkermörder spannen zu lassen. (7)
In den Regime-Medien ist von all dem natürlich nichts zu hören, schon gar nicht von der sehr aktiven Palästina-Solidarität. Aber selbst diese fühlen sich veranlasst, da und dort andere Akzente zu setzen, denn sonst würde man nur mehr im Müllkübel landen und alles den alternativen „Fake-News-Kanälen“, wie kritische Berichterstattung genannt wird, überlassen.
Noch zeigen sich in den Herrschaftsapparaten lediglich Haarrisse. Doch der Unterbau rutscht bereits massiv davon. Die öffentliche Artikulation gegen den Völkermord und die westliche Komplizenschaft müssen wie Brandungswellen gegen das Regime und seine Institutionen schlagen. Das bedeutet für uns die intensive Straßenbewegung und die Aktivitäten auf den Unis, aber auch politische Initiativen wie die Liste GAZA bei der vergangenen Nationalratswahl oder den Palästina-Kongress im Oktober 2024 fortzusetzen und zu verstärken.
Antizionistische Massenbewegung und Jüdisch Antizionistischer Kongress in Wien
Seit Beginn des akuten Völkermords in Gaza gibt es nicht nur eine weltweite Solidaritätsbewegung, sondern insbesondere im anglosächsischen Raum eine jüdische Bewegung: „Not in our name!“. Massenhaft gehen jüdische Menschen auf die Straße, weil sie für dieses historische Verbrechen des Zionismus nicht in Geiselhaft genommen werden wollen. Viele und immer mehr von ihnen erkennen den Zionismus als das, was er ist: ein rassistischer und faschistischer, exterminatorischer Kolonialismus. Nicht nur die Palästina-Solidarität ist eine Massenbewegung geworden, sondern auch der Antizionismus. Viele Jahrzehnte war dieser im Westen eine isolierte und verfemte antiimperialistische Avantgarde, die mit der Antisemitismus-Keule totgeprügelt wurde. Doch nun verstehen viele, dass das Übel an der Wurzel gepackt und mit der zionistischen Apartheid Schluss gemacht werden muss. Die jüdischen Stimmen helfen dabei, den Antizionismus vor der Verleumdung des Antisemitismus zu schützen.
Hier in Österreich hatte es die antizionistische Position besonders schwer. Nicht nur die Regierungen der letzten Jahre, sondern das ganze politische System hat den Antizionismus als Antisemitismus definiert und einen Kreuzzug gegen diesen ausgerufen – in gehorsamer Unterwerfung unter Israel und die USA und in Verletzung der verfassungsgemäßen Neutralität. Die Nachfolger des historischen Antisemitismus und der Feinde der Demokratie spielen sich nun als Antisemiten-Jäger auf. Abermals zielen sie damit gegen die demokratische Opposition. Der ehemalige Kanzler Kurz und heutige Palantir- und Israel-Lobbyist und seine Jünger haben sich besonders für den Völkermord engagiert und die Kriminalisierung der antikolonialen Positionen eingesetzt.
Seit dem Ende der UdSSR gab es hierzulande nur mehr sehr wenige jüdische Menschen, die sich getraut haben, öffentlich Seite mit den unterdrückten Palästinensern zu beziehen. Und von diesen wiederum nur eine Handvoll haben sich als Antizionisten bezeichnet. Doch auch das hat sich geändert. „Not in our name“ und andere jüdische Initiativen haben sich regelmäßig an den palästinensischen Demonstrationen beteiligt, die vom politisch-medialen Komplex geächtet wurden. Im Jänner 2025 trat dann die „Wiener Jüdische Antizionistische Initiative“ hervor (8), die bisher von rund drei Dutzend jüdischen Menschen und Nachfahren von antifaschistischen Widerstandskämpfern sowie Opfern des Holocausts unterschrieben wurde. Die Botschaft ist klar: Judentum kann und darf nicht mit dem völkermörderischen Zionismus gleichgesetzt werden. Schluss mit dem Missbrauch des Judentums und des Antisemitismus-Vorwurfs! Es ist der Zionismus, von dem die größte Gefahr für das Judentum ausgeht.
Das erfolgt parallel zu intensiven Versuchen, die Kaperung des Antifaschismus für den Zionismus und seinen Völkermord sowie zur Legitimierung des herrschenden Neoliberalismus zu bekämpfen. In Wien fanden bereits mehrere Aktionen und Kundgebung im Sinne des Mauthausen-Schwurs (9) statt, der einen antiimperialistischen Auftrag enthält. Die „Transatlantifa“ und ihr staatsnahes Organisationsgeflecht ist unter großem Druck, nicht nur, weil sie die Auslöschung der Palästinenser rechtfertigt, sondern auch, weil sie dem Krieg gegen Russland das Wort redet. Seit vierzig Jahren war die Chance noch nie so groß, dass ein antikapitalistischer Antifaschismus entsteht, unter dem Schlachtruf: Antifaschismus heißt Antizionismus!
Der Jüdisch Antizionistische Kongress, der Mitte Juni in Wien stattfinden wird und von jüdischen Initiativen, der Palästina Solidarität, palästinensischen und muslimischen Organisationen getragen wird, auch auf die Zustimmung vieler Christen trifft, ist ein Meilenstein, ein weiterer qualitativer Schritt nach vorne.
Alle gemeinsam, ungeachtet von Religion oder Nationalität, stehen wir auf der Seite des palästinensischen Volkes. Selbst jüdische Menschen sind massenhaft mit uns und wehren sich gegen den Missbrauch durch den Zionismus. Wir fordern nicht nur ein Ende des Völkermordes, sondern des Zionismus überhaupt! Wir sind alle Gaza!
Was wir im Auge haben müssen
Der Zionismus ist politisch-kulturell am Ende und er droht die „westlichen Werte“ mit in den Abgrund zu reißen. Die Eliten und oberen Mittelschichten, die weiterhin fest an der Seite der zionistischen Vernichtungsmaschine stehen, weil sie ja im Dienste ihres globalen Systems wütet, haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie verwerfen die liberalen Werte zugunsten eines offenen Rassismus und imperialistischen Suprematismus mit Einschränkung der Demokratie für die „Untermenschen“, wie es uns immer mehr begegnet. Das aber befördert die Spaltung der Gesellschaft und auch den Widerstand. Oder sie setzen sich zumindest dem Schein nach von Israel ab, was aber der Volksbewegung mehr Spielraum einräumt – den wir angesichts der Repression unbedingt brauchen.
Wir werden in den nächsten Monaten mehr von beidem sehen. Es wird zu Brüchen auch in den Institutionen kommen, denn der Druck von unten ist zu groß. Was wird beispielsweise innerhalb der österreichischen Kirchen passieren, die beharrlich schweigen, obwohl sich sowohl der alte als auch der neue Papst für die Palästinenser einsetzte. Das Gleiche gilt für die Unis, den Kunstbereich, den Sport etc.
Unsere Aufgabe wird es sein, die Artikulation gegen den Völkermord zu organisieren, hörbar zu machen und zu verbreitern. Die Menschen müssen angestoßen, aktiviert und ermutigt werden, selbst wenn es noch keine konsequente Positionierung sein sollte. Und sei es nur lediglich zur Verteidigung der demokratischen Grundrechte.
Gleichzeitig muss der antizionistische und antiimperialistische Kern entwickelt werden, denn Israel begeht seinen Völkermord im Rahmen des westlichen, globalisierten Kapitalismus, ja zu seinen Diensten. Es muss klargemacht werden, dass es der breit gefächerte und umfassende Widerstand des palästinensischen Volks selbst ist, der die politische Grundlage für alles weitere bildet.
Auch wenn Palästina heute die Speerspitze des Widerstands ist, so muss diese Frage einge- und verbunden werden, mit dem breiteren Kampf gegen die herrschenden Eliten. Da geht es gegen die Kriegstreiberei des Westens und der USA zum Zweck des Erhalts ihrer alleinigen Herrschaft. Da geht es um Demokratie, soziale Gerechtigkeit und nationale Selbstbestimmung gegen die kapitalistische Globalisierung.
Wir müssen uns auf den Weg machen, eine echte demokratische, soziale und souveränistische Opposition aufzubauen, die selbstverständlich auch antiimperialistisch und propalästinensisch ist. Die breiteste Plattform dafür ist gegenwärtig die Verteidigung der Neutralität, die gleichzeitig die Quintessenz Österreichs als Nation ist. Angesichts des Verrats der globalistisch-kapitalistischen Eliten an der Zweiten Republik, geht es darum, die Mehrheit des Volks so vorwärts zu stoßen, dass es sich bewusst gegen diese Eliten stellt, den selbständigen Anspruch auf die Macht erhebt und die neoliberalen Usurpatoren von der Macht verdrängt. Das mag vielen utopisch erscheinen, doch die Instabilität wird immer größer. Die heutigen Regierungen, und vor allem die EU, werden sich nicht halten können, oder nur mit zunehmend autoritären Mitteln. Gesellschaftliche Zusammenstöße drohen. Die annullierte Wahl in Rumänien, der gescheiterte Staatsstreich in Südkorea oder die gegenwärtigen Ereignisse in Kalifornien, die den Machtapparat spalten, legen davon Zeugnis ab.
Die beste Annäherung an und Vorbereitung auf ein solches Szenario ist unsere Forderung nach einer Regierung des Friedens und der Neutralität.
Willi Langthaler
- https://www.middleeasteye.net/news/senior-israeli-official-says-palestinian-adults-gaza-should-be-eliminated
- https://www.972mag.com/israel-gaza-concentration-camp-expulsion/ new holocaust
- https://www.newarab.com/news/israel-tv-producer-calls-gaza-holocaust-gas-chambers
- https://www.haaretz.com/israel-news/2025-06-03/ty-article/.premium/a-grim-poll-shows-most-jewish-israelis-support-expelling-gazans-its-brutal-and-true/00000197-3640-d9f1-abb7-7e742b300000
- https://www.middleeasteye.net/news/how-amnesty-international-concluded-israel-has-genocidal-intent-gaza
- https://www.972mag.com/israel-no-longer-hides-its-genocidal-aims-in-gaza/
- https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/dicke-luft-zwischen-joeh-und-vsstoe-wien-wegen-chats_a7335260
- https://www.juedisch-antizionistisch.at/#wiener-erklaerung
- https://www.selbstbestimmtes-oesterreich.at/video/80-jahre-sieg-ueber-den-faschismus