1 Der Genozid-Staat Israel hat seine Kriegsziele nicht erreicht
Nach zwei Jahren des täglich live übertragenen Völkermords an den Palästinenser:innen ist die israelische Mordmaschinerie nun gezwungen innezuhalten. Zwei Jahre des Massakers, der Zerstörung, des unvorstellbaren Leidens. Sie zieht sich hinter eine Waffenstillstandslinie zurück, es kommt zu einem Gefangenenaustausch und die Hungerblockade wird aufgehoben.
Der palästinensische Widerstand hat trotz der unvorstellbaren und unmenschlichen Opfer durchgehalten — ja er hat ein richtiggehendes Wunder vollbracht. Er hat Milliarden von Menschen, insbesondere im globalen Süden, hinter sich vereinigt, welche den palästinensischen Befreiungskampf als die Speerspitze ihres Ringens um Selbstbestimmung und Demokratie gegen den westlichen Imperialismus und Faschismus, repräsentiert durch den zionistischen Kolonialismus, sehen.
In ihrem Rassenwahn haben die Zionisten zwar hunderttausende Palästinenser:innen abgeschlachtet und Millionen in das extremste Elend gestürzt, aber sie konnten sie nicht vertreiben. Denn das war und ist ihr erklärtes, historisches Ziel.
Ungeachtet der absoluten Überlegenheit des westlich-israelischen Machtapparates konnte dieser das palästinensische Volk nicht unterwerfen. Widerstand ist auch unter den ungünstigsten Bedingungen möglich und sinnvoll.
2 Warum lenkte Israel ein
Es sind die politischen Unkosten des Völkermords, die dem Trumpismus zu hoch wurden. Der palästinensische Widerstand hat die gesamte Region elektrisiert sowie die antiimperialistischen und demokratischen Kräfte und die Solidarität in der ganzen Welt mobilisiert. Die israelische Barbarei hat selbst im Westen die Unterstützung für den zionistischen Kolonialismus dahinschmelzen lassen. Bis in die Basis des Trumpismus ist dies vorgedrungen, versteckt hinter dem Slogan „America First, not Israel“.
Im Kampf für den Erhalt der US-Vorherrschaft reicht blanker Chauvinismus und Imperialismus nicht aus. Ohne das Friedensversprechen würde Trump zur Marionette des bipartitären US-Staatsapparats. Und das zwingt ihn zu Taten.
Es mag nicht direkt am Radar von Trump sein, aber die unverbrüchliche Unterstützung der EU für den kolonialen Völkermord hat die EU-Herrschaftssysteme an den Rand des Abgrunds gebracht. In einigen Ländern kam es deswegen zu Regierungskrisen. Die Palästina-Solidarität wurde zum Funke, zum Kristallisationspunkt für eine antisystemische soziale und politische Opposition jenseits des Rechtspopulismus, der wegen seines antimuslimischen Chauvinismus zum Völkermord im besten Fall schwieg.
Auch das machte den Herrschaftsapparaten Angst und zwang sie zum Handeln. Natürlich wäre ihnen die schnelle Vernichtung der Palästinenser:innen lieber gewesen. Doch die Unbeugsamkeit des palästinensischen Volkswiderstand brachte sie in Zugzwang.
3 Israel kann man nicht trauen
Natürlich wird Israel nicht ablassen, Apartheid und Besatzung fortzusetzen. Und die grundlegende Unterstützung durch die USA und den Westen bleibt, wodurch der weiße Siedlerkolonialismus weiterexistieren kann.
Das beginnt schon mit der vagen Phase II des Planes, der weder Hamas noch Israel wirklich zugestimmt haben. Trump spricht von der Entwaffnung des Widerstands und einer Fremdherrschaft über Gaza, geführt vom Erzzionisten Tony Blair mit arabischer Unterstützung. Was Trump im Kern vorsieht, ist, wenn man die 20 Punkte liest kein Frieden, sondern ein Instrument, um die Machtverhältnisse in der Region zu Gunsten der USA und im Interesse Israels zu gestalten; eine Art Kollonialvertrag. Eine Passage, die das zum Ausdruck bringt, ist etwa der einleitende Satz, dass Gaza sich verpflichtet „keine Bedrohung für ihre Nachbarn“ mehr darzustellen. Gaza soll einer Übergangsverwaltung eines „technokratischen, unpolitischen palästinensischen Komitees“, bestimmt durch die USA unterstellt werden. Wir wissen, der einzige Staat in der Region, der eine ständige Bedrohung für die Nachbarländer darstellt ist Israel: Libanon, Syrien, Jemen, Iran, Qatar und natürlich Palästina… all diese Staaten wurden in den vergangenen zwei Jahren von Israel angegriffen.
Der Trumpsche Friedensplan ist mithin ein Versuch, den kolonialen Status quo als „Lösung“ zu verkaufen und schreibt das israelische Narrativ eines Kampfes gegen Terror fort, das den Völkermord rechtfertigen soll und von den Palästinenser:innen fordert, auf ihr Recht sich gegen Besatzung zur Wehr zu setzten, zu verzichten. Doch Frieden kann nur mit den Palästinenser:innen erreicht werden.
Hamas und die anderen Widerstandsorganisationen haben richtig gekontert, dass sie nicht das Recht hätten solche Vereinbarungen zu treffen und das palästinensische Selbstbestimmungsrecht unveräußerlich sei.
Da wird keine Einigung möglich sein und der Ausbruch neuer Auseinandersetzungen ist vorprogrammiert. Vom „ewigen Frieden“ für die Region, von dem Trump fantasierte und für den er sogar den Nobel-Preis verlangt, kann keine Rede sein. Grundlegend bleibt: ohne Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes wird es keinen Frieden in der Region geben!
Israel wird selbst die unmittelbaren Vereinbarungen der Phase I brechen, ja hat es durch Schüsse auf Zivilist:innen am ersten Tag des Waffenstillstands eigentlich bereits getan, die globalen Regimemedien werden es den Palästinenser:innen in die Schuhe schieben und der Widerstand wird fortgesetzt werden.
Die humanitäre Lage des palästinensischen Volkes wird in jeder Hinsicht katastrophal bleiben, in Gaza sowieso, aber auch im Westjordanland und in Jerusalem, wo Israel die Nakba ebenfalls tagtäglich fortsetzt. Ein Wiederaufbau Gazas ist damit mehr als fraglich.
4 Der Zionismus hat an Unterstützung eingebüßt
Politisch hat sich indes sehr vieles geändert. Die nächste Eskalation wird unter anderen Bedingungen stattfinden. Man könnte auch sagen, es handelt sich um ein Patt. Doch angesichts der völlig asymmetrischen Machtverhältnisse kann man das als Erfolg für das palästinensische Volk und seinen Widerstand werten. Vor allem hat der Zionismus in weiten Teilen der westlichen Bevölkerung die frühere Unterstützung eingebüßt. Die imperialistischen Eliten können nicht mehr so handeln wie bisher.
In den arabischen und islamischen Ländern gibt es in der einfachen Bevölkerung sowieso eine totale Ablehnung des Zionismus. Die Kooperation mit dem Westen und Israel ist nur mit diktatorischen Mitteln durchzusetzen. Der Druck der Straße war in Ägypten so groß, dass sie die Vertreibung der Palästinenser:innen in den Sinai nicht zulassen konnten.
Ein zweiter arabischer Frühling ist nicht nur notwendig, sondern er rückt auch näher. Allerdings sind die alternativen politischen Führungen noch schwach oder nicht reif dafür. Und wir haben gesehen, zu welchen Niederlagen das führen kann.
Der militärische Druck und das Aggressionspotential des Kolonialstaates ist enorm. Das hat man am systematischen israelischen Terror gegen die Nachbarstaaten gesehen. Dem etwas auf gleicher Ebene entgegenzusetzen, scheint derzeit fast unmöglich, selbst für einen großen Staat wie den Iran. Für die gegenwärtigen herrschenden regionalen Eliten wäre es schier existenzbedrohend. Darum vermeiden sie das mit allen Mitteln, bis zur Unterordnung. Demokratische, auf das Volk gestützte Führungen müssten den Kampf gegen das imperialistische Israel organisieren. Das hat sich bisher eigentlich nur als Volkskrieg als erfolgreich erwiesen, namentlich im Libanon. Aber das wäre ein anderes Kapitel.
Ohne eine bedeutende militärische Niederlage der USA und ihres Systems an Verbündeten und Vasallen wird es nicht gehen. Darum ist die Niederlage der NATO in der Ukraine mittelbar für die PalästinenserInnen sehr wichtig. Sie könnte die Eindämmung der USA auch institutionell fixieren. Doch soll man nicht glauben, dass das palästinensische Volk durch eine multipolare Ordnung automatisch staatliche Verbündete gewinnen wird. Denn einerseits wird auch Israel versuchen, neue Verbündete zu finden. Andererseits führen die die Palästinenser:innen einen Volkswiderstand von unten, was kapitalistischen Eliten Angst macht, selbst wenn sie im Gegensatz zu den USA stehen.
Den Zionismus zu besiegen, ist ein weiter Weg und geht ohne die Beendigung oder zumindest substanzielle Schwächung des westlichen Imperialismus und insbesondere der USA nicht.
5 Es braucht weiterhin den Druck der Straße und eine breite Solidaritätsbewegung
Bei all den Überlegungen bleibt eines sicher: die Solidarität mit dem palästinensischen Volk ist wichtiger denn je, auch nach dem Waffenstillstand. Der Druck auf Israel muss erhöht werden. Boykott, Desinvestment, Sanctions (BDS) bleibt das Gebot der Stunde. Heute gegen die israelische Apartheid, genauso wie damals gegen die südafrikanische.
Und wir müssen die Palästina-Solidarität als zentralen Bestandteil einer neuen demokratischen und sozialen Opposition in Österreich etablieren, die gegen das neoliberale Regime, für Frieden, die verfassungsgemäße Neutralität und Souveränität, gegen die Feindbildpolitik, die sich vor allem gegen muslimische Menschen richtet, in Verteidigung der demokratischen Grundrechte und für mehr soziale Gerechtigkeit eintritt.
Initiative Palästina Solidarität (IPS)
12.10.25, einen Tag vor dem geplanten Austausch der Gefangenen