Keine konkreten Vorwürfe, nur „Hilfslieferungen nach Gaza, das von der Hamas kontrolliert wird“

Mohammed Hannoun ist ein aus Palästina stammender Architekt, der seit vier Jahrzehnten Solidaritätsarbeit macht. Er ist in Italien das Gesicht Palästinas und er hat mutig immer wieder zur politischen Unterstützung des völkerrechtlich legitimen Widerstands des palästinensischen Volks aufgerufen. Die Staatsanwaltschaft hat bisher keine konkreten Vorwürfe erhoben, sondern es ist eine politische Anklage, die die gesamte Solidaritätsbewegung potentiell kriminalisiert. Die Regierung Meloni demonstriert damit, dass sie Handlangerin des israelischen Völkermordregimes ist, gegen den Willen der eigenen Bevölkerung. Bemerkenswert: selbst die Staatsanwaltschaft fühlt sich bemüßigt, sich von den „israelischen Verbrechen an der palästinensischen Zivilbevölkerung“ zu distanzieren. Das spricht Bände über die Legitimität ihres antidemokratischen Vorgehens.

Erklärung von „Milano in Movimento“

Solidarität mit Palästina im Visier

Die Anklage gegen die acht festgenommenen Personen, darunter der Präsident der Vereinigung der Palästinenser in Italien (Api), Mohammad Hannoun, ist schwerwiegend, nämlich Vereinigung mit terroristischen Zielen. Und wie zu erwarten war, haben die Regierung, die Rechte und andere keine Zeit verloren und sich bereits daran gemacht, diese Anklage auf alle Personen und Organisationen auszuweiten, die sich für das palästinensische Volk und gegen den Völkermord engagieren.

Nach dem politischen Mobbing gegen Francesca Albanese, den Versuchen, Mohamed Shahin auszuweisen, der Erklärung der Illegalität des Generalstreiks vom 3. Oktober und den Ankündigungen von Gesetzesinitiativen, die darauf abzielen, Kritik am Zionismus zu verbieten, stehen wir nun objektiv vor einem Qualitätssprung.

Es ist nicht unsere Absicht – und es ist auch nicht unsere Aufgabe –, uns mit den Ermittlungen der Justiz zu befassen, aber wir können nicht umhin festzustellen, dass die Kernpunkte der Anklage, wie aus der Mitteilung der Staatsanwaltschaft hervorgeht, im Wesentlichen auf den Aussagen Israels über die Natur bestimmter palästinensischer Vereinigungen beruhen. Und das ist ein Problem, das weit über den juristischen Rahmen hinausgeht.

Wenn wir nämlich die sehr lange Mitteilung des Nationalen Staatsanwalts für Mafia- und Terrorismusbekämpfung und des Staatsanwalts von Genua lesen, in der die Vorwürfe detailliert dargelegt werden, finden wir darin keine Vorbereitungen für Anschläge oder Gewalttaten jeglicher Art und nicht einmal den Besitz eines einfachen Schweizer Taschenmessers, sondern im Wesentlichen den Vorwurf, das zur Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung gesammelte Geld an „Vereinigungen mit Sitz in Gaza, in den Palästinensischen Gebieten oder in Israel, die vom Staat Israel für illegal erklärt wurden, weil sie der Hamas angehören, von ihr kontrolliert werden oder in irgendeiner Weise mit ihr verbunden sind”.

Es gibt keine unabhängige Untersuchung seitens der italienischen Justiz oder Sicherheitsbehörden über die Natur dieser Vereinigungen, was Israel übrigens niemandem gestatten würde, sondern lediglich eine einfache Erklärung der israelischen Regierung. Und wie allgemein bekannt ist, beschuldigt Netanjahu praktisch jeden, der in irgendeiner Weise Kritik an der Arbeit seiner Regierung übt, einschließlich der UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), von der Hamas kontrolliert zu werden oder mit ihr zu kollaborieren. Ganz zu schweigen von palästinensischen Organisationen.

Mit anderen Worten: Wenn dies die Begründung ist, riskiert jeder, der Beziehungen zu palästinensischen Organisationen und Verbänden unterhält, die der Regierung Netanjahu missfallen, auch durch Spenden, perspektivisch auf der Anklagebank zu landen, politisch oder schlimmer.

Es scheint fast so, als seien sich die Staatsanwälte der möglichen Auswirkungen bewusst, wenn sie am Ende ihrer Erklärung schreiben: „Selbstverständlich können die Ermittlungen und die dabei zutage getretenen Fakten in keiner Weise die Bedeutung der Verbrechen schmälern, die nach dem 7. Oktober 2023 im Zuge der von der israelischen Regierung durchgeführten Militäroperationen gegen die palästinensische Bevölkerung begangen wurden , über die das Internationale Strafgericht in Übereinstimmung mit dem von 125 Mitgliedstaaten ratifizierten Römischen Statut, darunter Italien in einer treibenden und unterstützenden Rolle, zu urteilen hat.“

Schade nur, dass vor zehn Tagen zwei weitere Richter dieses Strafgerichtshofs von den USA sanktioniert wurden, weil sie es gewagt hatten, den israelischen Antrag auf Einstellung der Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen abzulehnen, und dass die italienische Regierung, ebenso wie die anderen europäischen Regierungen, keinen Finger gerührt hat.

Luciano Muhlbauer