Das Landesgericht Wien leistete der Exekutivdiktatur gegen Palästina-Aktiist:innen Vorschub indem sie Ahmad 25 Tage wegen „From the River to the sea, Palestine will be free“ in Untersuchungshaft hielten
Ahmad Hilal, der am 29. November 2025 während einer Demonstration zum Internationalen Tag der Solidarität mit Palästina festgenommen worden war, nachdem er den Spruch „From the River to the Sea, Palestine will be free“ gerufen hatte, wurde am 24. Dezember, aus der Untersuchungshaft entlassen. Diese Enthaftung ist nicht nur für Ahmad persönlich wichtig, sondern ist zugleich ein Erfolg gegen Repression der Behörden gegenüber Palästinenser:innen und Palästina-Aktivist:innen.
Ahmad wurde wegen einer politischen Äußerung, nicht wegen „Gefahr einer Tatbegehung“ 25 Tage lang zu Unrecht in Haft gehalten. Das ist reine Gesinnungsjustiz. Das Vorgehen gegen ihn zielte darauf ab, allen Palästina-Aktivist:innen zu signalisieren, dass ihr Protest gegen Apartheid möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne. Ahmads Verhaftung sollte einschüchtern, sollte dazu beitragen, die Solidaritätsbewegung mit Palästina zu schwächen und Palästinenser:innen sowie ihre Unterstützer:innen in der öffentlichen Meinung erneut in die Nähe von Gewalt und „Terrorismus“ zu rücken. Auf diese Weise legt der österreichische Staat durch seine Exekutive fest, welche Gewalt er als „rechtmäßig“ betrachtet, etwa den Völkermord, die Vertreibungen und die ethnischen Säuberungen an Palästinenser:innen, und stellt dem den Widerstand von Menschen, die sich gegen Besatzung und Völkermord einsetzen, als angeblichen Terrorismus oder als Terrorunterstützung gegenüber. Diese Praktik kulminiert im Vorgehen von Exekutive und Justiz gegen den Spruch „From the River to the Sea, Palestine will be free“.
Das Oberlandesgericht folgt in seinem Enthaftungsbeschluss den Argumenten der Verteidigung: Gegen Ahmad besteht kein dringender Tatverdacht und schon gar keine Tatbegehungsgefahr. Die Haft ist somit ungerechtfertigt gewesen. Es bestätigt damit den politischen Charakter der Haft von Ahmad, welcher, ohne weitere Evidenz, außer der Tatsache, dass er auf einer Demonstration für Menschenrechte und Freiheit in Palästina auftrat und dabei den Spruch „From the River to the Sea, Palestine will be Free“ rief, wegen eines „Gesinnungsdelikts“ der Freiheit beraubt wurde.
In dem Antrag auf Enthaftung wurde zudem ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss keinerlei konkrete Feststellungen zur Bedeutung des Spruchs „From the River to the Sea, Palestine will be free“ enthalte. Darüber hinaus wurde betont, auch kein Bezug zu einem „rezenten Angriff“ hergestellt werden könne, wie es im Erlass des Bundesministeriums für Justiz hieß, durch den der Spruch unterbunden werden sollte. Denn der 7. Oktober 2023 lag zum Zeitpunkt der Festnahme bereits mehr als zwei Jahre zurück.
Diese Feststellung des Oberlandesgerichts ist entscheidend, da sie zeigt, dass auch aus Sicht des Oberlandesgerichtshofs dem ministeriellen Erlass zur Strafverfolgung des Spruchs „From the River to the Sea, Palestine will be free“ die argumentative Grundlage fehlt. Der Spruch ist in Österreich nicht illegal. Der Enthaftungsbescheid des OLG legt nahe, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, Demonstrationsauflösungen im Herbst 2023 unter Berufung auf diesen Spruch als rechtmäßig zu bewerten und dies mit einer behaupteten Nähe zum 7. Oktober zu begründen, ihre Gültigkeit verloren hat.
Wir haben bereits mehrfach dargelegt, dass der Erlass politisch motiviert ist und Ausdruck einer undemokratischen, autoritären Wende hin zu einer Gesinnungsjustiz ist. Wir werden ihn weiterhin gemeinsam rufen – bis Besatzung und Apartheid in Palästina überwunden sind, bis ethnische Vertreibungen und Völkermord beendet sind und ein gerechter Frieden in Palästina erreicht ist, wie es auch das Völkerrecht vorsieht. „From the River to the Sea, Palestine will be Free“ bleibt uns ein gemeinsamer Leitspruch, für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit in Palästina.
